PRESSEINFORMATION 46/2018

Kein Europäischer Währungsfonds!

Das cep hält die Pläne, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) als „Europäischen Währungsfonds“ (EWF) in EU-Recht zu überführen für unrealistisch und lehnt sie ab.

Für die Errichtung eines EWF besitzt die EU keine Kompetenz. Zu diesem Schluss kommt das cep bei der Bewertung des betreffenden Vorschlages der EU-Kommission. Darüber hinaus verstößt die Möglichkeit, dass Deutschland bei EWF-Entscheidungen im Dringlichkeitsverfahren im Ministerrat überstimmt werden kann, gegen die Verfassungsordnung des Grundgesetzes. Auch enthält die geplante Verordnung keinerlei Vorschläge für ein staatliches Insolvenzverfahren und streicht sogar die im ESM-Vertrag für Staatsanleihen zwingend vorgeschriebenen Umschuldungsklauseln.

Die Kernidee der Kommission, dem Rettungsschirm ESM seinen intergouvernementalen Charakter zu nehmen und zu einer EU-Institution zu machen, ist nachvollziehbar. Allerdings geht es dabei um mehr als nur einen Etikettenwechsel. Denn nach den Vorstellungen der Kommission soll der EWF als Vehikel dienen für die künftige Steuerung der Eurozone – inklusive Budget, Finanzminister usw. Ist dieses Vehikel aber erst einmal im EU-Recht „integriert“, steigt die Möglichkeit der EU-Kommission, dort auch Einfluss zu nehmen. Entsprechend kritisch sehen das zu Recht einige Mitgliedstaaten, die ihren Einfluss schwinden sehen. Denn die Kommission plant, dass die Euro-Staaten im EWF künftig mit einer Mehrheit von 85% des EWF-Kapitals über Finanzhilfen entscheiden sollen. Für viele Staaten bedeutet dies einen herben Machtverlust: Im ESM muss einstimmig entschieden werden, auch kleinere Staaten haben dort ein Veto-Recht. In Eilfällen können die Finanzminister auch mit einer Mehrheit von 14 von 19 Euro-Staaten, die mehr als 65% der Euro-Bevölkerung auf sich vereinen, entscheiden. Dies ist für Deutschland besonders problematisch. Mit seinem Kapitalanteil von 27% behält es im EWF zwar sein faktisches Vetorecht. Im Ministerrat kann Deutschland aber überstimmt werden.

Fehlende Kompetenz der EU

Die Voraussetzungen dafür, den EWF auf Basis von Art. 352 AEUV (Flexibilitätsklausel) einzuführen, sind nicht gegeben. Relevant dafür ist insbesondere, dass die Einrichtung des EWF die primärrechtlich abschließend festgelegte Verteilung wirtschaftspolitischer Aufgaben zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten ändert. Mit dem EWF würde die EU die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten nicht länger koordinieren, sondern teilweise beschließen. Für eine solch schwerwiegende Änderung bedarf es einer EU-Vertragsänderung. Weil mit dem EWF aber gerade zusätzliche EU-Kompetenzen eingeführt werden sollen, kommt die schnelle, „vereinfachte Vertragsänderung“ – wie sie zur Einrichtung des ESM herangezogen wurde – nicht in Betracht.Was also tun? Ohne Vertragsänderung lässt sich der EWF nur ins EU-Recht verankern, wenn er in seinen Aufgaben und Befugnissen massiv zurechtgestützt wird. Sprich: Weiterhin wird die EU bei der Krisenbewältigung wohl auf eine intergouvernementale Lösung wie den ESMangewiesen sein.

Öffnet externen Link in neuem FenstercepAnalyse Europäischer Währungsfonds (EWF)