Presseinformation 17/2025
KI-Verhaltenskodex der EU: Gefahr durch lasche Vorgaben und US-Lobbyismus
Berlin/Freiburg. Europas geplanter Verhaltenskodex für Künstliche Intelligenz (KI) könnte scheitern. Unter dem Einfluss großer US-Tech-Konzerne droht das Vorhaben zu einem zahnlosen Dokument zu werden, das lediglich bestehende Praktiken legitimiert. Das Centrum für Europäische Politik (cep) stellt fest: Die EU könnte damit eine historische Chance verspielen, Sicherheit, Verantwortung und faire Wettbewerbsbedingungen für KI global zu verankern.
Der dritte Entwurf des „General Purpose AI Code of Practice“ verspricht zwar eine Regulierung für großer KI-Anbieter. Doch bleiben Haftungsfragen und die Rolle externer Kontrollen offen. „Die geplanten Regeln könnten gerade Start-ups und kleinere Firmen unvorhersehbaren Risiken aussetzen, da unklar bleibt, wann Unternehmen beim Feintuning bestehender KI-Modelle umfassende Haftung übernehmen müssen“, erklärt cep-Digitalexperte Anselm Küsters, der die Analyse verfasst und im Rahmen des Multi-Stakeholder-Prozesses bei der Europäischen Kommission eingereicht hat. „Hier braucht es dringend Schwellenwerte, ab wann diese Unternehmen als eigenständige KI-Anbieter gelten.“
Die cep-Analyse warnt vor Abschwächungen. Die Risiko-Taxonomie wurde verwässert, externe Überprüfungen stark eingeschränkt. „Diese Schlupflöcher gefährden die Wettbewerbsgleichheit, indem sie dominante Marktakteure begünstigen, die interne Prüfungen leichter durchführen können“, warnt Küsters. Auch der Abbau expliziter Whistleblower-Schutzmaßnahmen berge die Gefahr, dass kritische Informationen über KI-Risiken nicht rechtzeitig entdeckt würden. Weitere Risiken entstünden durch den Wegfall regelmäßiger Neubewertungen der KI-Systeme. Stattdessen soll künftig nur anlassbezogen geprüft werden. Laut Küsters öffnet das Governance-Lücken: „Die KI-Technik entwickelt sich exponentiell und Risiken können unerwartet auftreten – regelmäßige Kontrollen sind deshalb entscheidend“.
Das cep fordert signifikante Nachbesserungen. Der Kodex muss mehr leisten als den Status quo abzubilden. „Der aktuelle Entwurf beschränkt sich weitgehend darauf, die gängige Praxis der großen amerikanischen Tech-Firmen zu kodifizieren. Das reicht nicht aus, um Grundrechte proaktiv zu schützen und auf künftige Bedrohungen vorbereitet zu sein“, warnt Küsters. „Der KI-Kodex muss Innovationskraft fördern, kleine Unternehmen schützen und klare Standards setzen – statt nur bestehende Marktstrukturen abzubilden.“