PRESSEINFORMATION 78/2017
Macrons Arbeitsmarktreform braucht für Erfolg Mentalitätswechsel
Am 22. September wird die vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron bereits im Wahlkampf angekündigte Arbeitsmarktreform verabschiedet und kurz darauf in Kraft treten.
Mehr Flexibilität für die Unternehmen wird den Arbeitsmarkt in Frankreich allein nicht revolutionieren können. Zu diesem Schluss kommt das cep in seiner Bewertung der französischen Arbeitsmarktreform. Aus Sicht der Experten des cep, die gemeinsam mit einem Wissenschaftler der Universität Straßburg die Reform analysierten, ist ein tiefgreifender Mentalitätswandel auf Seiten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern Voraussetzung für deren Erfolg.
Frankreichs Arbeitsmarkt ist gekennzeichnet durch eine relativ hohe Arbeitslosenquote von 9,8 %, sowie eine zunehmende Aufspaltung der Arbeitnehmerschaft in unbefristet Beschäftigte, die einen langfristig relativ sicheren und für ihren Lebensunterhalt ausreichenden Erwerb genießen sowie Beschäftigte, auf die dies nicht zutrifft. Die französische Regierung will diese Probleme mit Hilfe einer „Flexicurity“-Strategie lösen. Erster Teil dieser Strategie ist die jetzige Reform des Arbeitsmarktes, die flexiblere Arbeitsverhältnisse sowie eine Stärkung des sozialen Dialogs in den Betrieben vorsieht.
Aus Sicht der cep-Experten ist die Reform ein großer Schritt in die richtige Richtung. Sie unterstützt die Unternehmen auf individualrechtlicher Ebene durch eine flexiblere Gestaltbarkeit und eine leichtere Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Dadurch werden Neueinstellungen für Unternehmen weniger riskant und daher attraktiver. Zudem erhöht sie den „Turnover“ im Arbeitsmarkt, also die Geschwindigkeit, mit der Arbeitnehmer entlassen und wieder eingestellt werden, und schafft Effizienzverbesserungen durch bessere Job-Matchings. Kollektivrechtlich können zentrale Bereiche wie Löhne, Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen nunmehr durch Betriebsvereinbarungen geregelt werden. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen können mit ihren Arbeitnehmern nach der Reform erstmals auf sie zugeschnittene Betriebsvereinbarungen aushandeln. Die sowohl individual- als auch kollektivrechtlich geschaffene höhere Flexibilität macht die Unternehmen wettbewerbsfähiger und verbessert damit ihre Auftragslage. Die Folge sind Neueinstellungen und eine geringere Arbeitslosigkeit.
Die beschlossenen Reformmaßnahmen reichen aber nicht aus, um die Arbeitslosigkeit und die qualitative Aufspaltung der Arbeitsverhältnisse signifikant zu reduzieren. Denn die Reform löst andere, tiefgreifende Probleme des Arbeitsmarktes wie die Defizite im beruflichen Ausbildungssystem – die u.a. zu einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften führen – oder die für Unternehmen hohen Sozialabgabenbelastung nicht.
Letztlich sollte aber der psychologische Effekt der Reform nicht unterschätzt werden. Die arbeitgeberfreundlichen Signale, die von den Verordnungen ausgehen, können bei den Unternehmen für eine Aufbruchsstimmung sorgen, die sich länger positiv auf die Wirtschaft auswirkt. Ebenso stellt die Regierung Macron mit der Durchsetzung dieser Reform ihre Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit unter Beweis. Sie macht deutlich, dass Reformen in Frankreich trotz sozialer Proteste durchführbar sind. Dies ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu weiterreichenden, auch grundlegenden Änderungen im französischen Wirtschaftsmodell.