Presseinformation 7/2024
Jobverlust durch KI: cep fordet soziales Abfedern
Berlin/Rom. Künstliche Intelligenz (KI) wird die Arbeitswelt revolutionieren. Während frühere Technologieschübe die Fähigkeiten von Beschäftigten ergänzten und damit ihre Produktivität erhöhten, wird sogenannte generative KI ganze Berufsbilder irreversibel vernichten. Das Centrum für Europäische Politik (cep) hat eine Metaanalyse empirischer Studien vorgelegt. Demnach würden in der EU kurzfristig etwa 20 Millionen Arbeitnehmer ihren Job verlieren – flankiert von sozialen Unruhen – wenn angesichts der Entwicklungsgeschwindigkeit von KI nicht zügig Vorkehrungen getroffen werden.
„Erstmals müssen auch gut ausgebildete Arbeitnehmer durch technologischen Fortschritt um ihre Arbeitsplätze fürchten. Etwa jeder zehnte Job wird bis zum Ende dieses Jahrzehnts in der EU direkt betroffen sein. Das Spektrum reicht von Managern über Berater bis hin zu Juristen und Marketing-Spezialisten“, sagt der Berliner cep-Digitalexperte Anselm Küsters, der die Studie mit der römischen cep-Expertin Eleonora Poli verfasst hat.
Poli befürchtet soziale Unruhen. „Die dann Betroffenen sind politisch gut vernetzt und verfügen über gesellschaftlichen Einfluss. Gleichzeitig wird diese Welle von Protesten in der EU auf ein unvorbereitetes und national fragmentiertes sozialpolitisches System treffen“, warnt die italienische cep-Forscherin. Vor diesem Hintergrund müssten alte Debatten über ein Grundeinkommen zur Sicherung von überkommenen Arbeitsplätzen überwunden werden. Vielmehr sollten die anstehenden EU-Wahlen genutzt werden, um neue Konzepte zur Aufrechterhaltung des Konsums, zur Stärkung der wachsenden Gruppe von Datenarbeitern und zur Förderung des lebenslangen Lernens diskutiert werden.
Um arbeitsmarktpolitische Verwerfungen zu verhindern und gesellschaftliche Resilienz aufzubauen, schlagen die Wissenschaftler eine Anpassung der sozialen Sicherungssysteme vor. „Der produktive Mehrwert, den generative KI zweifelsohne erwirtschaften wird, sollte in Teilen so umgelenkt werden, dass er den Übergangsprozess gesellschaftspolitisch, aber auch individuell unterstützt und damit zur raschen Adoption der Technologie beiträgt. Dazu regen wir eine Neukonzeption der Grundeinkommensidee an“, sagt Küsters. Es gehe um eine kollektive Maßnahme zur Risikoteilung, die im Gegensatz zu einer Roboter-Steuer weniger ökonomisch verzerrend sei.
Nicht betroffen sein werden nach Ansicht der cep-Experten Berufe, bei denen Empathie und persönliche, physische Prozesse wie etwa im Bereich der Pflege im Mittelpunkt stehen.