PRESSEINFORMATION 69/2021
Illegale Inhalte im Netz: EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstößt gegen geltendes Recht und bleibt oft unklar
Freiburg/Berlin/Paris/Rom. Online-Plattformen werden häufig zur Verbreitung von Terrorpropaganda und Hassrede missbraucht. Anbietern wie Facebook kommt bei der Bekämpfung illegaler Inhalte eine Schlüsselrolle zu. Mit dem Gesetz für digitale Dienste (DSA) will die Kommission den Binnenmarkt stärken und ein sicheres, transparentes Online-Umfeld schaffen.
Das Centres for European Policy Network (cep) hat die EU-Verordnung in einer dreiteiligen Studie untersucht und Rechtsverstöße und Unklarheiten festgestellt. Zwar schaffe der DSA gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen EU- und Nicht-EU-Anbietern. „Das Gesetz ist aber unverhältnismäßig und daher zu überarbeiten“, sagt Anja Hoffmann. Die cep-Juristin hat die Studie mit den cep-Ökonomen Matthias Kullas (Freiburg) und Victor Warhem (Paris) sowie dem cep-Juristen Andrea De Petris (Rom) verfasst.
Laut Hoffmann bleiben das Verhältnis des DSA zu nationalem Recht sowie die Reichweite seiner Sperrwirkung unklar. Fraglich bleibe auch, welche Plattformen als „sehr groß“ gelten und damit strengeren Regeln unterliegen sollen. Die Kommission schlage einen Schwellenwert von 45 Millionen „aktiven“ Nutzern vor, wolle aber erst später definieren, was „aktiv“ bedeute. „Das verstößt gegen EU-Recht. Eine so wesentliche Frage müssen EU-Parlament und Rat regeln“, sagt Hoffmann.
Auch die Pflicht der Anbieter, Personen zu sperren, die „häufig“ und „offensichtlich“ illegale Inhalte posten, ist laut cep zu unbestimmt und verletzt so die Meinungs- und Informationsfreiheit.
Der Plan, die Durchsetzung des Gesetzes allein dem Mitgliedstaat zu überlassen, in dem der Anbieter niedergelassen ist, erleichtere es zwar, grenzüberschreitend zu agieren. Das cep kritisiert jedoch, das Gesetz berücksichtige nicht ausreichend mögliche Durchsetzungsprobleme. „Die Mitgliedstaaten müssten bei Untätigkeit des Niederlassungsstaates Maßnahmen zum Schutz wichtiger Rechtsgüter ergreifen dürfen“, fordert Hoffmann. Zugleich müssten die Durchsetzungsverfahren stringenter werden. Außerdem sollte die Kommission nicht nur bei Verstößen durch sehr große Plattformen aktiv werden müssen. „Ohne einen ausreichenden Schutz vor Durchsetzungsdefiziten wird in unverhältnismäßiger Weise in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten eingegriffen. Und das wäre rechtswidrig“, betont die cep-Juristin.