Presseinformation 6/2024

Pharmareform: cep kritisiert Kompetenzüberschreitung der Kommission

Berlin/Freiburg. Die Kommission will das angestaubte Arzneimittelrecht nach 20 Jahren umfassend reformieren. Die Gesetzesvorschläge enthalten zahlreiche Befugnisübertragungen an die Kommission. Das Centrum für Europäische Politik (cep) hält viele dieser Übertragungen für zu weitgehend. Besonders die Möglichkeit, die Anforderungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu ändern, habe weitreichende Auswirkungen auf die Arzneimittelzulassung.

„Die Befugnis der Kommission, die Anforderungen an die UVP zu ändern, verstößt gegen den Grundsatz, dass die wesentlichen Elemente eines Gesetzes dem EU-Parlament und dem Rat vorbehalten sind“, kritisiert cep-Gesundheitsexperte Patrick Stockebrandt, der die Kommissionsvorschläge mit cep-Arzneimittelexpertin Nathalja Nolen analysiert hat. Dies gilt gerade auch in Verbindung mit der vorgesehenen obligatorischen Ablehnung der Zulassung eines neuen Medikaments aufgrund einer unzureichenden UVP, da dies den Zugang der Patienten zu neuen, sicheren und wirksamen Medikamenten behindern könnte, betont Nolen.

 

Hinzu komme, dass auch die Entscheidung über die Einführung rein elektronischer Packungsbeilagen an die Kommission übertragen werden soll. „Dies ist eine gesundheitspolitische Entscheidung, die besser von den Mitgliedstaaten im länderspezifischen Kontext getroffen werden sollte“, erklärt Stockebrandt.

 

Darüber hinaus kritisieren die cep-Forscher, dass die Zeitspanne, in der das geistige Eigentum von innovativen Unternehmen geschützt wird, zu stark gekürzt wird.  Dies fördere zwar den Wettbewerb durch früheren Markteintritt von Generika und Biosimilars, jedoch verringere es die Anreize, überhaupt neue Medikamente auf den EU-Markt zu bringen. Angesichts des dringenden Bedarfs an neuen antimikrobiellen Mitteln seien die geplanten Maßnahmen zur Entwicklung neuer Antibiotika auf EU-Ebene zu begrüßen. Der vorgeschlagene, einmal übertragbare Gutschein für die Verlängerung des Unterlagenschutzes sei dafür ein angemessenes Mittel, insbesondere da die Vergabe in mehrfacher Hinsicht sinnvoll eingeschränkt ist.