Presseinformation 58/2024

cep-Studie: EU verliert 5 Milliarden Euro Digitalsteuern im Jahr

Berlin/Freiburg. Der digitale Kapitalismus droht Europa abzuhängen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Centrums für Europäische Politik (cep) im Auftrag der Hubert Burda Media Holding. Die Denkfabrik fordert eine faire Besteuerung multinationaler, oft marktmächtiger Digitaldienstleister.

„Es bedarf konkreter Lösungen, um Marktmacht zu begrenzen und Wettbewerbsgerechtigkeit herzustellen, um so die Innovationskraft und die digitale Souveränität Europas zu schützen und zu stärken“, sagt cep-Ökonom Matthias Kullas, der die Studie federführend mit cep-Vorstand Henning Vöpel sowie den cep-Forschern André Wolf und Lukas Harta verfasst hat. „Die EU darf dabei nicht zum großen Verlierer werden“, sagt Vöpel.

„Während unsere Exporte über Zölle, Unternehmensbesteuerung und klassische Abgaben zur Finanzierung des amerikanischen Staatshaushaltes beitragen, ist dies bei den amerikanischen Hochtechnologie-Exporten nach Europa nicht der Fall. Die großen amerikanischen Digitalunternehmen nutzen in hohem Maße unsere Infrastruktur, bezahlen in Europa aber praktisch keine Steuern und Abgaben“, sekundiert Paul-Bernhard Kallen, Verwaltungsratsvorsitzender der Hubert Burda Media Holding.

Das cep schlägt vor diesem Hintergrund drei konkrete Besteuerungsmöglichkeiten vor: Eine Abgabe auf importierte Systemsoftware (Digitalzoll), eine Netzzugangsgebühr (Digitalmaut) und eine Steuer auf den Umsatz aus dem Wertschöpfungsbeitrag der Nutzer zu digitalen Dienstleistungen. „Idee des Konzeptes ist es, ein alternatives Besteuerungsmodell für territorial schwer greifbare digitale Dienstleistungen zu entwickeln, das an den zentralen Grundlagen von digitaler Wertschöpfung wie beispielsweise Software, Daten und Netzwerken ansetzt.“, betont Wolf.

Die Instrumente sind demnach ausdrücklich nicht notwendig kumulativ, sondern komplementär, führen also nicht zu einer unbeabsichtigten Mehrfachbesteuerung. Nach Berechnungen des cep sind der EU seit 2018 durch einen Verzicht auf solche Steuern rund 30 Milliarden Euro entgangen. Angesichts stark steigender digitaler Wertschöpfung dürfte der Steuerausfall in den kommenden Jahren noch höher sein.

„Diese Befreiung von Steuern und Abgaben amerikanischer Unternehmen in Europa bedeutet einen wesentlichen Vorteil im Wettbewerb mit europäischen Digitalunternehmen und beschleunigt den Wohlstandstransfer in die USA“, kritisiert Kallen. Deutschland und die EU müssten die Spielregeln ändern, um ihre Wettbewerbsfähigkeit herzustellen und ihre Infrastrukturkosten breiter zu refinanzieren.