Presseinformation 45/2024

cep zur neuen Kommission: Wettbewerbsfähigkeit rückt zu Recht ins Zentrum

Berlin/Freiburg. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den Zuschnitt der neuen Kommission vorgestellt. Das Centrum für Europäische Politik (cep) beurteilt die Vorschläge überwiegend positiv. Der Zuschnitt trage der Tatsache Rechnung, dass die politischen Herausforderungen, vor denen die neue Kommission steht, nur zu bewältigen sind, wenn ihre Wechselwirkungen berücksichtigt werden. Das betreffe vor allem den Einfluss von Klimapolitik auf Transformation und Wettbewerbsfähigkeit.

Laut cep rückt Ursula von der Leyen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU zu Recht ins Zentrum. Die EU könne ihre ambitionierten Klimaziele nur mit einer global wettbewerbsfähigen Wirtschaft erreichen, die der Bevölkerung dauerhaft sichere Arbeitsplätze und Wohlstand bietet. „Die neue Kommission muss zu klaren und schnellen Schritten kommen. Die größte Herausforderung für von der Leyen wird sein, durch Richtliniensetzung die Handlungsfähigkeit der politisch komplizierten Kommission sicherzustellen“, betont cep-Vorstand Vöpel. Die vielen neuen, wohlklingenden Begrifflichkeiten in den Zuständigkeiten dürften nicht die Aufgaben verwischen. Darüber hinaus bestünden aus ordnungspolitischer Sicht Risiken durch die Vermischung der traditionellen EU-Wettbewerbspolitik mit den grünen Zielen einer nachhaltigen Transformation. Es drohe eine Politisierung des Wettbewerbs.

Der Vorschlag eines Exekutiv-Vizepräsidenten für Industriestrategie zur Koordination von internationalem Handel über Innovation bis hin zum Binnenmarkt ist nach Ansicht der cep-Forscher sichtbarster Ausdruck einer zunehmend strategisch orientierten EU-Wirtschaftspolitik. Welche Machtfülle dieser neuen Position tatsächlich zukommen wird, werde von der Einigkeit in der Kommission über die künftige Strategie abhängen, insbesondere dem Zusammenspiel mit der Exekutiv-Vizepräsidentin für Transitionsfragen. Dabei müsse die Frage geklärt werden, wie die im Draghi-Report skizzierten industriepolitischen Bestrebungen mit dem bisherigen Verständnis einer „offenen strategischen Autonomie” zu vereinbaren sind. Interne Konflikte sind laut cep in dieser Konstellation absehbar.

Sehr positiv bewertet das cep die Pläne für den Bereich Digitales. Ob Satelliteninternet im Ukraine-Konflikt oder Desinformationskampagnen in sozialen Medien: Technologie hat in den letzten Jahren seine neutrale Rolle verloren und ist zu einem geostrategischen Element geworden. „Es ist daher ein wichtiger Schritt, die Beziehung zwischen Zukunftstechnologien, Sicherheit und Demokratie in einem umfassenden Portfolio zu reflektieren. Die baltischen und nordischen Kommissare bringen wertvolle Erfahrungen mit, insbesondere im Hinblick auf hybride Bedrohungen“, kommentiert cep-Digitalexperte Anselm Küsters.

Von der Leyen will auch die Schaffung einer Europäischen Spar- und Investitionsunion vorantreiben. Doch deren Einführung wirkt laut cep bislang zu vage. „Ohne eine detaillierte Strategie und Verknüpfung mit bestehenden EU-Vorhaben bleibt die Spar- und Investitionsunion unvollständig. Die Mobilisierung von privatem Kapital in der EU ist unerlässlich. Für diese zentrale Aufgabe sollte nicht allein die Finanzmarktkommissarin zuständig sein“, sagt cep-Finanzexperte Philipp Eckhardt.