Vertragsänderungen nach Art. 48 EUV
Die Herausforderungen der Zeit – Energiekrise, Ukraine-Krieg, Corona – erfordern entschiedenes und schnelles Handeln der Europäischen Union nach Innen und nach Außen. Wie zuvor schon der französische Präsident Emmanuel Macron, kritisiert nun auch Bundeskanzler Olaf Scholz, dass die derzeitigen Kompetenzen und Entscheidungsverfahren der EU diesen Anforderungen nicht mehr gerecht würden.
So könne sich die EU z.B. in der Außenpolitik nationale Vetos nicht mehr leisten, wenn sie in einer Welt konkurrierender Großmächte weiter gehört werden wolle. Daher fordert Scholz eine „geopolitische EU“ und ein Ende von „egoistischen Blockaden europäischer Beschlüsse durch einzelne Mitgliedstaaten“.
Die Übertragung weiterer Befugnisse, z.B. zur Gesundheits-, Migrations- oder Verteidigungspolitik, auf die EU und die Abkehr vom Einstimmigkeitserfordernis erfordern allerdings tiefgreifende Änderungen der EU-Verträge, die auf erhebliche Widerstände stoßen dürften. Artikel 48 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) eröffnet hierfür verschiedene Optionen. Eher unwahrscheinlich ist die Einberufung eines „Verfassungskonvents“ zur Ausarbeitung einer neuen „EU-Verfassung“. Realistischer erscheinen punktuelle Reformen innerhalb der bestehenden EU-Verträge. Welche Verfahren stehen hierfür zur Verfügung, welche Akteure müssen einbezogen werden und wer entscheidet letztendlich?