PRESSEINFORMATION 23/2018

EU mit „Stabilisierungsfunktion“ auf Holzweg

Mit einer europäischen „Stabilisierungsfunktion“ will die EU-Kommission insbesondere die Euro-Staaten vor den Folgen eines wirtschaftlichen Schocks schützen.

Das cep warnt die Große Koalition in Deutschland eindrücklich vor der Einführung einer Stabilisierungsfunktion, wie sie die EU-Kommission vorgeschlagen hat. Bevor diese auf dem kommenden EU-Gipfel im März diskutiert wird, sollte die Bundesregierung sorgfältig Für und Wider abwägen. Die Stabilisierungsfunktion verringert aus cep-Sicht zwar das Risiko, dass ein Staat Finanzhilfen beantragen muss, dennoch befinden sich die Befürworter damit auf dem Holzweg.

Das cep bemängelt, dass Leistungen der Stabilisierungsfunktion notwendige Strukturreformen in den betroffenen Staaten verzögern könnten. Es sei daher völlig verfehlt, dass Länder, die solche Mittel erhalten, keine Reformen umsetzen sollen. Da die Leistungen auch ESM-Darlehen beinhalten, höhlt die Stabilisierungsfunktion das Grundprinzip des ESM aus, Kredite nur gegen harte Reformen zu gewähren. „Kein Staat wird sich mehr einem ESM-Programm unterwerfen, wenn er auch ohne Reformen ein solches Darlehen erhalten kann“, erklärt Matthias Kullas, Autor der cepAnalyse.

Hintergrund und Ziel

Bisher gilt: Wenn ein Staat von einem wirtschaftlichen Schock – etwa dem Platzen einer Immobilienblase – getroffen wird, kann die nationale Zentralbank zur Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage auf geldpolitische Instrumente – etwa eine Leitzinssenkung – zurückgreifen. Zudem sollte die Regierung zur Stabilisierung der Nachfrage die öffentlichen Ausgaben konstant halten. Letzteres führt in der Regel zu einem deutlichen Anstieg des öffentlichen Defizits, da durch den Schock die Steuereinnahmen des Staates sinken.

Speziell für die Eurozone gilt jedoch: Wenn ein einzelner Euro-Staat von einem Schock getroffen wird, kann dessen Zentralbank zur Nachfragestabilisierung nicht geldpolitisch gegensteuern, da hierfür die Europäische Zentralbank (EZB) zuständig ist. Diese richtet ihre Geldpolitik jedoch an der Entwicklung des ganzen Euro-Raums aus. Die Überwindung des Schocks wird daher länger dauern als in Staaten mit eigener Währung. Das bedeutet: Ein von einem Schock getroffener Euro-Staat, dessen Regierung die öffentlichen Ausgaben konstant hält, muss seine Ausgaben deutlich länger durch Kredite finanzieren als ein Staat mit eigener Währung. In einigen Euro-Staaten, die von einem Schock getroffen wurden, stieg die Neuverschuldung stark an. Dies führte zu Zweifeln an deren Solvenz. Sie mussten Finanzhilfen beantragen. Eine „Stabilisierungsfunktion“ soll dies künftig verhindern.

cepAnalyse Stabilisierungsfunktion