PRESSEINFORMATION 21/2018
Die Europapolitik der GroKo
Eine ordnungspolitische Bewertung des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und SPD.
Der Europapolitik der künftigen Großen Koalition in Deutschland fehlt es an Visionen. Die Vorhaben mit EU-politischer Relevanz lassen keinen „Aufbruch für Europa“ erkennen. Die Vereinbarungen zur Stabilisierung der Eurozone, zum EU-Haushalt, zur Gesundheitspolitik, zum Klima und zu Europas Wettbewerbsfähigkeit sind weder stringent noch mutig. Zudem enthalten sie Zugeständnisse, die wie beim EU-Haushalt die deutsche Position auf europäischer Ebene schwächen. Zu diesem Schluss kommen die Autoren des jüngsten cepAdhoc in ihrer Analyse der GroKo-Vorhaben.
Ihr Fazit im Einzelnen:
Stabilisierung der Eurozone
Die Koalitionsvereinbarungen zur Stabilisierung der Euro-Zone weichen das Prinzip, dass Handlung und Haftung zusammenfallen müssen, weiter auf. Zwar wird die Wichtigkeit des Stabilitäts- und Wachstumspakts betont. Es gibt aber keine Vorschläge, wie dieser besser durchgesetzt werden soll, ganz im Gegensatz zu den konkreten Forderungen nach einer Stabilisierungsfunktion und einem Europäischen Währungsfonds, die das Haftungsprinzip aufweichen.
EU-Haushalt
Der Koalitionsvertrag verfehlt das selbstgenannte Ziel, den EU-Haushalt klar auf einen europäischen Mehrwert auszurichten. Die Große Koalition sollte weniger Rücksicht auf Partikularinteressen und Besitzstandwahrung nehmen. Denn nur so lässt sich der EU-Haushalt klar auf einen europäischen Mehrwert ausrichten.
Finanzmarktpolitik
Regulierungserleichterungen für kleine Banken müssen sachlich gerechtfertigt sein, sonst drohen Wettbewerbsverzerrungen. Es ist sinnvoll, eine etwaige Regulierung von Hedgefonds und Schattenbanken im europäischen Kontext statt im nationalen Kontext zu prüfen.
Klima & Umwelt
Die Große Koalition sollte keine nationalen und sektorspezifischen Klimaziele verfolgen, die über die EU-Ziele hinausgehen. Im EU-Emissionshandelssystem sind insbesondere ein politisch verordneter „Kohleausstieg“ oder eine Sonderförderung erneuerbarer Energien im Stromsektor für sich genommen klimapolitisch unwirksam.
Arbeit und Soziales
Die sozialen Unterschiede in der EU sind durch die EU-Osterweiterungen und die Euro-Krise größer geworden. Die Große Koalition will die hohen deutschen Arbeits-und Sozialstandards in der EU durchsetzen. Dies geht zulasten des EU-Binnenmarktes und diskriminiert die Arbeitnehmer und Unternehmen in den Mitgliedstaaten mit geringerer Produktivität.
Datenschutz
Die Mängel des „Privacy-Shield“ müssen beseitigt und dieser mit den USA nachverhandelt werden. Auch die e-Privacy Verordnung bedarf einer grundsätzlichen Überarbeitung. Bei der „Anwendung“ der Datenschutzgrundverordnung sollte die künftige Bundesregierung die verfügbaren Spielräume nicht überschreiten.
Digitale Wirtschaft
Die Große Koalition möchte die Chancen der Digitalisierung nutzen. Dies zeigt bereits die Vielzahl an Vorhaben, die sie plant. Viele mit der Digitalisierung einhergehende Probleme lassen sich allerdings nur auf europäischer Ebene sinnvoll lösen.
TK-Politik
Die Große Koalition muss sich technologieneutral verhalten, um den Wettbewerb zwischen Breitband-Geschäftsmodellen nicht zu verzerren. Subventionen sollten eine seltene Ausnahme bleiben. Ein etwaiger Universaldienst sollte nicht über einen Gigabit-Investitionsfonds, sondern mit Steuermitteln finanziert werden. Die Netzzugangspläne sind zu unklar.
Verkehr
EU-Vorgaben zur KV-Förderung und zum Ausbau des ECTS sind wichtig zur Schaffung eines grenzüberschreitenden Eisenbahnbinnenmarktes. Die Große Koalition sollte darauf hinwirken, dass auch nicht-ortsgebundene Infrastruktur und Lokomotiven förderfähig werden.
cepAdhoc Die Europapolitik der GroKo