PRESSEINFORMATION 14/2017

TV und Radio: Digital und über Grenzen

Mit einer neuen Verordnung will die EU-Kommission den grenzüberschreitenden Zugang zu Fernseh- und Radiosendungen über digitale Vertriebswege erleichtern.

Die geplante Verordnung der EU-Kommission verzerrt den Wettbewerb, da sie weder anbieter- noch technikneutral ist. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste cepAnalyse. Die Autoren würdigen, dass das in der Verordnung vorgesehene Ursprungslandprinzip und die obligatorische kollektive Rechtewahrnehmung die EU-weite grenzüberschreitende Verbreitung von Fernseh- und Radiosendungen erleichtern. Sie kritisieren aber die Unverhältnismäßigkeit des Ursprungslandprinzips, das aus ihrer Sicht gegen die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit verstößt.

 

D.h. die unternehmerische Freiheit, die Vertragsfreiheit und das Eigentum von Rechteinhabern wird eingeschränkt, weil diese – nachdem sie Inhalte einem ergänzenden Online-Dienst zur Verfügung gestellt haben – künftig nur noch begrenzt darüber entscheiden können, aus welchen Mitgliedstaaten Konsumenten über ergänzende Online-Dienste auf ihre Inhalte zugreifen können.

 

Unklar ist außerdem, ob das Ursprungslandprinzip die Lizenzierung für die Rundfunksender wirklich substantiell erleichtert. Die Kommission hat nicht überzeugend begründet, ob die gegenwärtigen Verfahren für eine EU-weite Bereitstellung tatsächlich Schwierigkeiten bereiten. Aus Sicht des cep privilegiert das Ursprungslandprinzip außerdem die ergänzenden Online-Dienste der Rundfunksender, denn für konkurrierende andere Online-Dienste, wie bestimmte Webcastingdienste, gilt es nicht. Die obligatorische kollektive Rechtewahrnehmung bevorzugt die Weiterverbreitung über „geschlossene Netze“, denn für ähnliche und daher konkurrierende Weiterverbreitungsdienste über das offene Internet – etwa Zattoo – gilt sie nicht.

 

Hintergrund:

 

Fernseh- und Radiosendungen werden neben der herkömmlichen Ausstrahlung von den Rundfunksendern auch online übertragen und durch andere Anbieter weiterverbreitet. Diese Sendungen enthalten u.a. durch Urheberrechte geschützte Werke und durch „verwandte Schutzrechte“ geschützte „sonstige Schutzgegenstände“, etwa Musikaufführungen. Für die Ausstrahlung, Online-Übertragung und Weiterverbreitung benötigen die Rundfunksender und Weiterverbreiter Rechte – wie das Recht zur öffentlichen Wiedergabe – die sie in einem Lizenzierungsprozess von Rechteinhabern oder Verwertungsgesellschaften erwerben müssen. Besonders bei grenzüberschreitenden Ausstrahlungen und Weiterverbreitungen sowie grenzüberschreitend zugänglichen Online-Übertragungen ist der Lizenzierungsprozess laut EU-Kommission oft sehr aufwendig, da er häufig in allen betroffenen Mitgliedstaaten einzeln erfolgen muss. Die Satelliten- und Kabelrichtlinie (93/83/EWG) vereinfacht bereits den Lizenzierungsprozess für grenzüberschreitende Ausstrahlungen via Satellit und die Weiterverbreitungen via Kabel, nicht jedoch für Online-Übertragungen und moderne Weiterverbreitungswege wie das Internet. Dies ist laut Kommission ein Grund dafür, dass EU-Bürger Fernseh- und Radiosendungen aus anderen Mitgliedstaaten „häufig“ online nicht empfangen können und die Zahl grenzüberschreitender Weiterverbreitungen in der EU variiert. Die vorliegende Verordnung soll nun den EU-weiten Zugang zu Fernseh- und Radiosendungen erleichtern und dem technologischen Wandel Rechnung tragen, indem sie den Lizenzierungsprozess für „ergänzende Online-Dienste“ von Rundfunksendern und für grenzüberschreitende „Weiterverbreitungsdienste“ vereinfacht.

 

cepAnalyse TV und Radio: Digital und über Grenzen