PRESSEINFORMATION 125/ 2016
EU-Kodex für die elektronische Kommunikation
Die EU-Kommission will den Ausbau schneller Telekommunikationsnetze beschleunigen
Die EU-Kommission überarbeitet die Zugangsregulierung für marktbeherrschende TK-Netzbetreiber. Diese soll verstärkt den Wettbewerb auf der Endkundenebene berücksichtigen. Das cep begrüßt in seiner jüngsten Analyse diesen Schritt, kritisiert aber die regulatorische Privilegierung von „Netzen mit sehr hoher Kapazität“. „Die regulatorische Privilegierung von Netzen mit sehr hoher Kapazität, insbesondere von glasfaserbasierten Netzen, bei der Zugangsregulierung greift ordnungspolitisch unzulässig in Marktprozesse ein“, erklärt Bert Van Roosebeke vom cep. Diese führe zu einer politischen Lenkung der Netzzugangspreise – und damit auch Endkundenpreise – für unterschiedliche Netztechnologien. „Dadurch könnten Investitionen in weniger leistungsfähige Netze unterbleiben, die aber den Wettbewerb zumindest auf Teilen des Endkundenmarktes positiv beeinflussen“, so Van Roosebeke, der vorschlägt, dass „darüber, wann und wo schnellere Netze sinnvoll sind, die Nachfrage der Kunden entscheiden soll und nicht ein industriepolitisch motivierter Wunsch der EU-Kommission“.
Außerdem sollte die – an sich vertretbare – Bevorzugung von Ko-Investitionsmodellen für neue Netzbestandteile nicht nur für Netze mit sehr hoher Kapazität gelten. Auch ist eine sektorspezifische Ex-ante-Regulierung von vertikal getrennten Netzbetreibern aus Sicht des cep nicht nötig.
Die Zugangsregulierung für TK-Netzbetreiber mit beträchtlicher Marktmacht ist eine sektorspezifische Weiterentwicklung des allgemeinen Wettbewerbsrechts. Jede Zugangsregulierung – so das cep in seiner Analyse – berge die Gefahr in sich, dass Unternehmen auf riskante Investitionen in den Auf- oder Ausbau eigener Netze verzichten und stattdessen den Zugang zu den Netzen anderer Netzbetreiber vorziehen. Dieser Problematik müsse die Zugangsregulierung für marktbeherrschende TK-Netzbetreiber gerecht werden. „Netzinvestionen können zu einem nachhaltigen Wettbewerb auf der Endkundenebene beitragen und die asymmetrische Zugangsregulierung überflüssig machen“, urteilt Van Roosebeke.
Hintergrund:
Die Kommission will den EU-Regulierungsrahmen für die Telekommunikationsbranche – Rahmen- (2002/21/EG), Genehmigungs- (2002/20/EG), Zugangs- (2002/19/EG) und Universaldienstrichtlinie (2002/22/EG) – überarbeiten. Dazu werden diese Richtlinien in einer neuen Richtlinie zusammengefasst. Diese Richtlinie regelt umfassend den Betrieb von TK-Netzen und das Angebot von TK-Dienstleistungen. Besonders relevant sind die Vorschriften für die Zugangsregulierung für marktbeherrschende TK-Netzbetreiber, die „symmetrische“ – marktmachtunabhängige – Zugangsregulierung und die Regulierung von Terminierungsentgelten sowie institutionelle Fragen (darauf wird in weiteren cepAnalyse eingegangen).
Ziele der Zugangsregulierung für marktbeherrschende TK-Netzbetreiber („asymmetrische Zugangsregulierung“)
„Asymmetrische Zugangsregulierung“ meint die Verpflichtung für TK-Netzbetreiber mit beträchtlicher Marktmacht, anderen Unternehmen der Telekommunikationsbranche („TK-Unternehmen“) gegen Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen zu gewähren.
Bisher sollte die asymmetrische Zugangsregulierung insbesondere den Binnenmarkt und den Wettbewerb stärken, effiziente Investitionen und Innovationen im Bereich „neuer und verbesserter Infrastruktur“ auslösen und die Interessen der Endnutzer fördern. Künftig soll die asymmetrische Zugangsregulierung zusätzlich den Aufbau von „Netzen mit sehr hoher Kapazität“ und den Zugang und die Nutzung der Netze durch Bürger und Unternehmen („Konnektivitätsziel“) fördern.
cepAnalyse Zugangsregulierung für TK-Netzbetreiber mit beträchtlicher Marktmacht